Waldbaden – Interview mit Dr. Qing Li
Der Umwelt-Immonuloge Dr. Quin Li gilt als DER Experte für Shinrin Yoku, dem Waldbaden. Im Interview erklärt der Japaner, wie der Wald Körper und Geist stärkt.
Als der Zimmermann Ernst Schleh den Christleshof kaufte, war es kaum mehr als eine schiefe Ruine. Mehr als 20 Jahre lang hat er das über 500 Jahre alte Bauernhaus mit Auge fürs Detail und traditionellen Methoden restauriert – und dabei nicht nur jede Menge Dill verarbeitet.
Im Christleshof ist alles anders. Das fängt schon im Bad an. Die Wände um den großen Zuber aus Holz sind rau verputzt und mit grüner Lehmfarbe gestrichen. Die hausgemachte Spezialzutat: Dill. Deswegen vielleicht der satte Ton. Und ganz nebenbei passt Dill natürlich perfekt in die Genuss- und Kräuterregion Baiersbronn.
Als Ernst Schleh den Christleshof im Alter von gerade mal 30 Jahren kauft, weiß er nur eins: er möchte das weitestgehend verfallene Schwarzwaldhaus wieder aufbauen. So originalgetreu wie möglich. Per Hand und traditionell, damit es am Ende ein Juwel unter den historischen Häusern von Baiersbronn werde. Das Wissen und das Vertrauen in sein Können hatte der gelernter Zimmermann und Restaurator schon damals. Worauf er sich allerdings eingelassen hatte, davon hatte Schleh keine Ahnung.
Seine Freunde hielten ihn damals für verrückt, als er beginnt, die Wände zu „lehmen“. Er besucht Kurse dafür, lernt, wie man Weideruten in Wände einflicht, Lehm anrührt und ihn bei Bedarf mit Naturprodukten wie Dill einfärbt. Eine Technik übrigens, die derzeit in ländlichen Gebieten eine kleine Renaissance erlebt – wegen des tollen Raumklimas.
Mit einer dieser Techniken startet der Handwerksmeister 1995 oben auf dem Dach. Ziegel runter und ein original Schwarzwälder Holzschindeldach drauf. Jede Schindel wird nur mit einem einzigen Holznagel befestigt. Und da es keine solchen Holznägel im Handel gibt, darf einer seiner Lehrlinge alle in Handarbeit schnitzen. „Wir haben viel ausprobiert, damals“, erzählt Schleh lachend. „Als das Dach grad war, haben wir die Mauern renoviert. Als die dann grad waren, war das Dach wieder schief.“
Ein so altes Haus so originalgetreu wie möglich zu renovieren, ist manchmal eine wahre Sisyphusarbeit, musste Schleh lernen. Und der Christleshof ist einer der Urhöfe von Baiersbronn. Der älteste Teil, Keller und Türbögen, sind von 1559. An der Fassade darf also nichts verändert werden. Und es braucht schon viel Fantasie, um einem Jahrhunderte alten Innenleben neuen und zeitgemäßen Stil zu verpassen; aber auch Akribie und Geduld. Die Küche mit dem Steinwaschbecken und die Stube sind heute ein einziger großer Raum mit eindrucksvollen Panoramafenstern.
Schleh hat der ursprünglichen Architektur des Hauses intensiv nachgespürt und sogar das Alter der tragenden Holzbalken bestimmen lassen. Einige sind 1634 geschlagen worden, gepflanzt wurden sie in einer Zeit, in der Christoph Kolumbus Amerika entdeckte. Um diese hölzerne Geschichte trotz schadhafter Stellen zu erhalten, schneidet er vorsichtig morsche Teile raus und ersetzt sie mit neuen Balkenstücken.
Klar, als Zimmermann und Restaurator kennt sich Schleh mit Hölzern aus. Er hat einen Blick für Brauchbares, das andere nur noch für Brennholz oder Abfall halten. „Für mich ist Altholz pures Gold“, sagt Schleh, der immer wieder Fundstücke aus Containern fischt oder Forstarbeitern alte angeschwemmte Stämme aus den umliegenden Flüssen abkauft. Alle alten Holztüren vom Christleshof hat er gereinigt, begradigt, abgeschliffen und wiederverwendet. Auch die Schlösser.
Warum er denn „das alte Glump“ nicht komplett abreiße, wurde Schleh anfangs immer wieder gefragt. Zehn Jahre hat er auch mal nichts dran gemacht, schließlich hat er ja auch eine eigene Zimmerei. Aber seine ursprüngliche Idee für den Umbau ging ihm auch da nie aus dem Kopf. Spätestens zu seinem 50. Geburtstag sollte es fertig sein.
Erstaunlich viel Licht überall, manchmal überraschende Durchblicke im Boden ins Stockwerk darunter. Raffiniert eingerichtet, mit selbst konstruierten Lampen, vielen Uhren, alten Werkzeugen und einer Renaissance-Truhe, die gerade noch vor dem Zersägen gerettet wurde. Ohne seine vielen fleißigen Helfer – Freunde und Kollegen – wäre ihm all das nicht gelungen.
Seit rund drei Jahren wohnt er nun hier und die, die ihn besuchen, sagen immer wieder: „Ernst, du musst dich für einen Architekturpreis bewerben.“ Den Deutschen Preis für Denkmalschutz zum Beispiel.
Seit 1995 lebt und arbeitet Ulrike Klumpp als selbstständige Fotografin in Baiersbronn im Schwarzwald. Für Urlaubsregionen, Hotels oder eigene Projekte hält sie besondere Momente mit der Kamera fest. In ihrem Bildband „Verborgene Schönheit Schwarzwald“ bringt sie die ganze Vielfalt des Schwarzwaldes zur Geltung.
Der Fotograf wurde 1965 in Ludwigshafen am Rhein geboren, studierte in Bielefeld Fotodesign und kehrte danach wieder in die Pfalz zurück. Der Vater von zwei Kindern arbeitet seither als freelancer, u.a. für GEO, National Geographic, Stern, Greenpeace Magazin und Die Zeit.
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