Probier mal!

Der Kräuterpapst

Spitzenkoch Friedrich Klumpp, Chef des „Rosengarten“ in Baiersbronn, findet im heimischen Wald über 50 verschiedene Kräuter für seine Gerichte – und nimmt seine Gäste gerne mit auf eine Schlemmerwanderung.

von Birgitt Hölzel
Fr. 22. März 2019 7

Die jungen Triebe der Fichte enthalten besonders viel Vitamin C. Die der Tanne können etwas bitter schmecken, während die Triebe der Douglasie einen schönen Duft nach Orange haben. Und Kiefer hat geschmacklich wieder eine völlig andere Nuance. Der Baiersbronner Koch Friedrich Klumpp kennt sich mit Wildkräutern aus wie kaum ein Zweiter. Oder besser gesagt: mit Essbarem aus der wilden Natur. „Kräuterpapst“ wird Klumpp auch genannt. Ein Titel, den der freundliche und zur Bescheidenheit neigende Chef des Baiersbronners Hotel-Gasthofs „Rosengarten“ für übertrieben hält. „Es hat sich halt so ergeben“, sagt der 53-Jährige. „Durch meine Liebe zur Natur, meine Wanderungen, mein Interesse für die Blumen und Pflanzen, die ich sehe.“

„Ich bin Autodidakt“, beschreibt sich Friedrich Klumpp. Durch seine Wanderungen und sein waches Auge für die Blumen und Pflanzen um ihn herum begann er, sich damit zu beschäftigen, was er aus der Natur in seine Küche einfließen lassen könnte. Als er in den 80er Jahren zum Koch ausgebildet wurde, spielte das Regionale, Authentische und Wilde kaum eine Rolle. „Alles ging um Exotik: Früchte, Gemüse, Geschmack.“ Auch viele seiner Gäste hätten damals mit Brennnesselknödeln oder Brennnesselspinat nichts anfangen können. Zu sehr erinnerte dies an die eigene karge Kindheit. Heute dagegen sind die heimischen Gewächse und Kräuter in der Küche sehr beliebt. „Über 2000 essbare Pflanzen und Beeren gibt es in Mitteleuropa, auf meinen geführten "Schlemmerwanderungen" stelle ich den Teilnehmern 15 davon vor. Übers Jahr gesehen, verwende ich rund 50 verschiedene Wildkräuter in meiner Küche.“ Diese pflückt er vor allem früh morgens oder nach Sonnenuntergang. Schön prall vom Tau, halten sie sich in ein feuchtes Küchentuch gewickelt gut eine Woche. Das vorsichtige Abzupfen der Blüten, Knospen, Triebe und Stängel sind für ihn wie Meditation, sehr entspannend.

Ab April geht Friedrich Klumpp auf Wanderung mit Gästen. Doch auch im Winter und im Frühjahr gibt die Natur einiges her. Dann zieht es ihn raus in den Wald. Aber wer hätte gedacht, dass gerade Nadelbäume dabei eine besondere Rolle spielen. Zum Glück besitzt seine Familie ein eigenes Stück Wald. In dem kann er die junge Triebe der Nadelbäume, allen voran der Fichte, aber eben auch der Douglasie, Tanne oder Kiefer ernten, um sie für die karge Zeit im Winter zu verarbeiten. „Ich zupfe nur die Seitentriebe ab. Niemals darf man den Leittrieb, also die Spitze des Baumes, entfernen. Sonst wachsen die anderen Zweige senkrecht nach oben. Und das Bäumchen ist für das Sägewerk dann nicht mehr zu gebrauchen.“ Für diese Ernte hat er zwischen Mitte April und Mitte Mai zirca vier Wochen Zeit. Die frischen, weichen Sprossen werden gehackt und beispielsweise in Kirschwasser eingelegt. Einen Teil der Fichtentriebe legt er auch sauer ein und verwendet sie als Kapern-Ersatz oder als Deko für seine Menüs. „Früher hat man die „Mai-Schößlinge“ mit Zucker und Wasser als Honig-Ersatz eingekocht. Was ich heute damit mache, ist eher ein Veredeln“, erklärt Klumpp. Soßen für winterliche Wildgerichte beispielsweise oder sein beliebtes Fichtenspitzeneis-Parfait. Da ist die Nachfrage mittlerweile so groß, dass ihm gegen Ende des Winters schon mal seine Vorräte zur Neige gehen.

Eisparfait mit Fichtenspitzen

Waldgenuss für warme Tage

Zutaten

5 Eigelb

3 Eier

50 Gramm Zucker

100 Gramm Tannenhonig

10 Milliliter Kirschwasser

300 Gramm geschlagene Sahne

5 Suppenlöffel in Tannenhonig eingelegte Fichtenspitzen (junge Triebe!)

 

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Zubereitung

Eigelb, Eier und Zucker miteinander schaumig rühren. Der Tannenhonig vorsichtig erhitzen und auf die Eimasse geben, dabei schnell mit dem Schneebesen unterrühren. Die entstandene Masse dann über Wasserdampf zu einer dickflüssigen Masse schlagen. Anschließend auf Eiswasser stellen und dort kalt schlagen.

In die erkaltete Masse vorsichtig das Kirschwasser, die geschlagene Sahne sowie die aromatisierten Fichtenspitzen unterheben. Dann in Portionsförmchen oder in eine Kasterform umfüllen und mindestens acht Stunden in der Tiefkühltruhe gefrieren lassen. Voilà!

Ab Februar oder März, sobald der Schnee an den Bachläufen schmilzt, spitzt die Brunnenkresse raus. Den würzigen, scharfen Geschmack seines Lieblingskrauts verwendet er gerne, um Salaten einen intensiveren Geschmack zu verleihen, aber auch in einer Brunnenkressesuppe oder mit Schmand und Quark im würzig-scharfen Dip. Auch die weißen Blüten der Brunnenkresse sind essbar, allerdings wird sie während der Blütezeit etwas bitterer. Nach der Blüte treibt sie bis in den Herbst wieder neu aus und ist somit fast das ganze Jahr zu ernten. Der junge Löwenzahn, Sauerampfer und Schafgarbe wiederum gehören zu den bekannteren Wildkräutern, mit denen er im Frühjahr seine Salate veredelt. Später im Jahr spielt er mit den weniger bekannten, essbaren Wildblumen wie Bärwurz, Wiesenglockenblume oder Sauerklee. „Wir haben uns im Rosengarten daran gewöhnt, mit dem zu arbeiten, was die Natur gerade her gibt. Man kann sich sehr gut an die Jahreszeiten anpassen“, schwärmt der Kräuterkenner.

Ganz ohne Kenntnisse Wildkräuter zu sammeln, gerade etwas weniger bekannte, hält der Gourmetkoch aus Baiersbronn für gewagt. Bei ihnen gibt es wie bei den Pilzen viele ähnliche Genossen, die giftig sein können. Wer statt Giersch den Wasserschierling oder statt Bärlauch die Blätter der Herbstzeitlosen erwischt, kann sich ernsthaft schaden. Auf einer kulinarischen Wildkräuter-Wanderung mit Friedrich Klumpp bekommt man aber ganz sicher nur das Feinste vom Feinen. Und in seinem Restaurant würdigt er die Jahreszeit ohnehin immerzu durch das passende Wildkraut.

Schlemmerwanderung mit Friedrich Klumpp

Auf den Spuren von Brennnessel, Spitzwegerich und Co.

  • Auf 8 Kilometern durch die Wildnis rund um Baiersbronn und dabei 15 essbare Kräuter entdecken? Das geht wunderbar im Rahmen der Schlemmerwanderungen! Die Wege sind nicht genau festgelegt, sie sind abhängig vom Gehtempo und Kräutersaison und dem Wetter. Während der Wanderungen wird an verschiedenen Stationen mitten im Wald nach und nach eine 5-Gänge-Menü serviert. Das Besondere: In jedem der Gerichte ist mindestens ein frisch gepflücktes Wildkraut verarbeitet.

     

    Wie schmecken Wildkräuter? Wie kann man sie von ihren giftigen Doppelgängern unterscheiden? Und wie bereite ich ein leckeres Gericht damit zu? Nicht nur kulinarisch haben die Touren einiges zu bieten. Auch Hintergrundinfos und spannende Geschichten des Wanderführers Friedrich Klumpp begeistern Groß und Klein. Denn er verwendet rund 50 verschiedene Wildkräuter in seiner Küche und kennt sich bestens aus.

     

    Organisiert werden die Touren gemeinschaftlich vom Hotel Rosengarten und der Gemeinde Baiersbronn. Zehn der insgesamt 25 Teilnehmerplätze sind für Hotelgäste reserviert, der Rest kann über das Wanderinformationszentrum in Baiersbronn gebucht werden.

  • Short Facts

    Start: Hotel Rosengarten um 10.00 Uhr

    Dauer: Vier bis fünf Stunden

    Weglänge: Sechs bis acht Kilometer

    Kosten: 40 Euro

    Teilnehmer: Maximal 25 Personen

    Inklusive: 5-Gänge-Menü mit frischen Wildkräutern, geführte Wanderung, Hintergrundinformationen und Geschichten rund um Baiersbronn und Wildkräuter

  • Termine

    Auf Grund der momentanen Situation stehen noch keine fixen Termine fest.

  • Insider Tipp

    Ein rasche Anmeldung ist zu empfehlen, die Plätze sind heiß begehrt und in der Regel schnell vergriffen! Für Gäste des Rosengarten: Einfach beim Einchecken direkt angeben.

     

    Und sonst...

    Baiersbronn ist ein wahres Eldorado für Kräuterfreunde. Alle Angebote, Informationen und Kräutertipps gibt es unter: www.baiersbronn.de

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Buchtipp: "Essbare Wildpflanzen - Erkennen, Sammeln, Genießen"

Daniel Baer und Diego Gardón werden auch die Kräuterkäuze genannt - veranstalten sie doch regelmäßig Kräuterwanderungen rund um Köln und geben dabei ihr Fachwissen weiter. In diesem Buch beschreiben die beiden Autoren anschaulich, welche Wildkräuter in Deutschland wachsen, wie sie zu erkennen und wo zu finden sind sowie ihre Zubereitung in der Küche. Ziel des Buches ist es, dass sich Menschen mit der heimischen Fauna beschäftigen und dank schön aufbereiteter Rezepte auch mit Wildkräutern kochen.

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Birgitt Hölzel

Birgitt Hölzel lebt und arbeitet in München. Sie hat bereits in Medien wie „Freundin“ und „Handelsblatt“ veröffentlicht, war Mitgründerin der Magazine „Delikatessen“, „Haben & Sein“ und „Monte“ und Verfasserin des Kochbuchs „Das Leben ist schön lecker“. Schon als jugendliche Skifahrerin hat sie entdeckt, dass es auch im Schwarzwald sehr anspruchsvolle Pisten gibt – auf dem Feldberg.

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